Bin seit 17. Mai in dieser sonnenverwöhnten Stadt. Der Start war leider alles andere als erfreulich. Mir wurde zugesichert, dass ich bei Ankunft abgeholt werde. Die war allerdings mitten in der Nacht (02:30) und ich wurde nicht, wie vereinbart, abgeholt. Dank alter Freunde und der Hartnäckigkeit meiner Mama, wurde ich gegen 03:00 heil vom Airport abgeholt und habe bei den Freunden übernachtet. In der Zwischenzeit, d.h. erst gegen 08 Uhr früh, wurde ich bereits von den Mitarbeitern des Botanischen Gartens in Taschkent gesucht. Hätten sie sich auch sparen können, hätten sie mich, wie vereinbart, abgeholt.
Nun denn...gegen Mittag, nach 3 Stunden Schlaf, habe ich ein Lebenszeichen von mir gegeben und wurde gleich zum Direktor zitiert. Nachdem Alexej ihnen klar gemacht hat, dass ich bis 8 Uhr früh am Airport gewartet habe, und die Verantwortlichen mich im Stich gelassen haben, wurde der Termin beim Direktor auf den 18. Mai 08:30 verlegt.
In der Früh wurde mir ein Taxi bestellt, das mich zum BoGa (Botanischer Garten) gefahren hat. Der erste Eindruck war ernüchternd, ich fühlte mich in die Sowjetzeiten zurückversetzt - also es hat sich nichts verändert. Für das verwöhnte europäische Auge wirkt alles sehr alt, verfallen und ungepflegt. Aber selbst Einheimische staunen, wie zugewuchert und ungepflegt der BoGa ist.
Nun denn, da stand ich jetzt im Empfangszimmer des Direktors. Nach einem Einführungsgespräch mit der Vertreterin des Direktors wurde ich zu ihm reingelassen. Babakul Jörkulowisch Tuchtaew (53) ist ein geborener Tadschike, der "zwei Gesichter" hat. Irgendwie merkt man sofort, dass er in wirklichkeit ganz anders ist, wie er sich verkauft. Er hat mich herzlich begrüsst, wollte meine Hand fast nicht loslassen. Die erste Frage lautete: "Und Olja, na wie ist es so dort, in Germanien? Was gibts Neues?"
Ähmm, nun denn. Ausser : "Es ist alles wunderbar" konnte ich darauf nichts antworten.
Irgendwann kam die Frage wie groß Germanien sei, wobei Babakul Jörkulowitsch ganz schelmisch meinte, dass Usbekistan geografisch deutlich größer sei als Deutschland und suchte kopfnickend Bestätigung bei seiner Stellvertreterin, die mit im Raum saß. Ich hatte nichts als ein Lächeln für sein dummes Geschwätz übrig, denn was soll man einem Menschen beweisen, der hochmütig ist?
Der Fall Direktor war schnell klar und hat sich im Laufe der Woche bestätigt. Keiner seiner Mitarbeier empfindet Respekt oder Sympathie für ihn. Manche nutzen ihn für eigene Zwecke. Er schreit die Mitarbeiter an, stellt keine Leute ein und rechtfertigt sich gelegentlich, dass er kein Geld aus der Kasse nimmt. Er stellt nicht mal Mitarbeiter ein um wenigstens das Unkraut zu entfernen. Neu gepflanzte Bäumchen sind von Unkraut umzäunt und verlieren diesen Konkurrenzkampf. Oder es wird vergessen zu bewässern - die jungen Pflanzen vertrocknen. Ein großes Problem sind Lianen, die einen beachtlichen Baumbestand befallen. Äste brechen ab, die Bäume ersticken. Bäume von über 60 Jahren gehen zugrunde, weil es niemanden gibt, der sich um sie kümmern kann und von Lianen befreien kann.
Der Direktor wünscht, dass junge Pflanzen im SOMMER umgepflanzt werden sollen - Ratschläge von Mitarbeitern, die 40,50 Jahre Berufserfahrung haben, schlägt er aus. "Ich bin der Generaldirektor, ich bin Doktor der Wissenschaften, ich weiss alles" kriegen sie manchmal lautstark zu hören.
Es gibt hier eine Art besondere Liebe für und Wissenschaftstreiben mit Liriodendron tulipifera (toller Baum!). Es gibt im BoGa Exemplare, die ca. 30m hoch und über 60 Jahre alt sind. Dieser Baum ist sehr anspruchsvoll und gibt nicht so viele Samen her, wie er könnte. D.h. die Mitarbeiter können maximal 5.000 Samen in 3 Jahren sammeln. Der Direktor hat dem usbekischen Präsidenten 170.000 junge Bäume in 5 Jahren versprochen, nachdem der Präsident in China durch eine Liriodendron tulipifera Allee gefahren worden ist, und dermaßen beeindruckt war, dass er sich in Taschkent auch eine wünschte.
Liriodendron tulipifera |
Liriodendron tulipifera, um die 60 Jahre alt |
Liriodendron tulipifera |
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